Josef Hegenbarth
„Als Zeichner malend und als Maler zeichnend“, wie sein Biograf Fritz Löffler es treffend formulierte, entwickelte sich Hegenbarth schon früh zur künstlerischen Ausnahmeerscheinung — fern den Stilen und Ismen seiner Zeit. Er gehörte gleichwohl zu der Generation von Künstlern, welche die klassische Moderne in Deutschland mitprägte.
1884
Geboren am 15. Juni in Böhmisch Kamnitz (ehem. Österreich). 1905 siedelte Hegenbarth nach Dresden über. Anders als die Brücke-Künstler, die zeitgleich in Dresden waren, besuchte er dort bis 1915 die Kunstakademie. Mit dem Studienaufenthalt in Prag 1917—19 begann Hegenbarth die Arbeit an umfangreichen Mappenwerken zur Weltliteratur, von denen sich etwa 20 erhalten haben.
1921
Etablierung als freischaffender Künstler. Hegenbarth erwarb ein Wohn- und Atelierhaus in Dresden-Loschwitz (seit 1987 Josef-Hegenbarth-Archiv). Abwechselnd arbeitete er dort und im nahe gelegenen Böhmisch Kamnitz. Seit Mitte der 1920er Jahre zeichnete er für Zeitschriften; zunehmend nahm er auch Motive seiner Umwelt in den Blick, die ihn zu teils humorvollen, teils grotesken Arbeiten inspirierten. Unterdessen entwickelte er seine unverwechselbare künstlerische Handschrift. Hegenbarth wurde Mitglied der Secessionen in Prag und Wien. Seine Arbeiten wurden dort und an vielen anderen Orten, u.a. in Berlin, Venedig und 1930 in New York ausgestellt.
1936
Flucht aus der Öffentlichkeit. Hegenbarth heiratete Johanna Aster, die bis zu ihrem Tode 1988 die Verbreitung seines Werkes vorantrieb. Infolge der Veröffentlichung einer Zeichnung, die mit einem regimekritischen Kommentar unterlegt war, wurde Hegenbarth in der Presse angegriffen. Er verlegte sich fortan auf vermeintlich unverfängliche Themen, Bildnisse von Menschen und Tieren sowie Illustrationen zu klassischer Literatur. Seine großen Illustrationsprojekte, die insgesamt Hunderte von Zeichnungen umfassten, blieben bis zum Ende der Diktatur unveröffentlicht. In Zeitschriften erschienen kleinere Folgen und humoristische Arbeiten. Eine systematische Untersuchung dazu steht noch aus.
1945
Publikationen und künstlerische Wirksamkeit. Ab den 1950er Jahren erschienen in rascher Folge zahlreiche Buchausgaben mit vorhandenen und neu gezeichneten Illus-trationen sowie Kataloge und Bildbände mit Hegenbarths Werken. Motive fand er auch wieder in seiner unmittelbaren Umgebung: die Trümmerarbeit, das (klein-)bürgerliche Leben und in der Welt des Zirkus und des Theaters.
Die Hochschule für Bildende Künste in Dresden ernannte ihren ehemaligen Meisterschüler 1946 zum Professor. Es folgten Ausstellungen und Ehrungen in beiden Teilen Deutschlands. Hegenbarth wurde u.a. Mitglied in den Akademien der Künste in Berlin (Ost und West) und in München. 1954 wurde ihm der Nationalpreis der DDR verliehen, nachdem er die österreichische Staatsbürgerschaft wiedererlangt hatte.
In seinen letzten Lebensjahren arbeitete er an expressiven Bildfolgen zur Weltliteratur und zu biblischen Themen, wie Das Pentameron und Der Kreuzweg der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin (dort seit 1963 installiert).
1962
Lebensende und posthume Rezeption. Josef Hegenbarth starb am 27. Juli 1962 im Alter von 78 Jahren. Posthum zeigte die documenta 1964 Zeichnungen von Hegenbarth. Sein Werk wird in öffentlichen und privaten Sammlungen weltweit bewahrt. 2009 erschien das Werkverzeichnis der Handzeichnungen als Online-Datenbank mit detailliertem Literatur- und Ausstellungsverzeichnis (www.josef-hegenbarth.de). Seit 2014 zeigt die Hegenbarth Sammlung Berlin Josef Hegenbarth im Dialog mit anderen Künstlerarbeiten auf Papier.